Anzeigensonderveröffentlichung

Wirtschaft

Was ein digitaler Frühjahrs­putz mit Verantwortung zu tun hat

Der moderne Dreiklang unternehmerischer Verantwortung – Environmental, Social und Governance (ESG) – ist nicht nur in vielen Vorstandsetagen angekommen. Er findet in Form von Nachhaltigkeitsberichterstattung auch zunehmend Eingang in die europäische Gesetzgebung. Doch wie definieren Firmen ihre Verantwortung in einer zunehmend digital geprägten Ökonomie? Darüber spricht Egbert Wege, Partner bei Deloitte, mit Alexander Birken. Als CEO der Otto Group steht er einem Unternehmen vor, das nicht nur bei gendergerechter Sprache, sondern auch in Sachen Digitalisierung eine konsequente Haltung vertritt.

Illustration von einem Ausschnitt einer Wohnung, wo die Frau einen Tisch putzt und der Mann den Boden staubsaugt

Egbert Wege › Milton Friedman hat einmal gesagt, die soziale Verantwortung von Unternehmen bestünde darin, ihre Profite zu erhöhen. Welche Rolle nimmt die Otto Group in der Gesellschaft ein, vor allem im Hinblick auf die Digitalökonomie?

Alexander Birken › Glücklicherweise hat sich ein Neoliberalismus à la Friedman als der falsche Weg herausgestellt. Wir verstehen Unternehmen heute als integralen Bestandteil der Gesellschaft. Dieses Verständnis hat unser heutiger Aufsichtsratsvorsitzender Prof. Dr. Michael Otto schon als CEO der Otto Group über Jahrzehnte geprägt. Bereits in den 1980er-Jahren hat er nach dieser Devise gehandelt, als er beispielsweise die Nachhaltigkeit im Sinne von Umwelt- und Sozialstandards in die Unternehmensstrategie aufgenommen hat. Diese Verantwortung für Mensch, Natur und ein faires Miteinander ist in der Otto Group tief verankert, und wir haben den Auftrag der Shareholder, diese Werte zu leben. Wir haben in einem partizipativen Prozess einen Code of Ethics erarbeitet, der als Wertekompass auch die Digitalökonomie einschließt und allen Beschäftigten der Otto Group Orientierung und einen Handlungsrahmen für das tägliche Denken und Handeln geben soll. Im Alltagsgeschäft reiben wir uns daran durchaus, beispielsweise an der Frage, wie aus Sicht eines Handels- und Dienstleistungskonzerns heute Konsum aussehen soll. Unsere Antwort ist nicht Verzicht, sondern das Bemühen, von einer Wegwerfgesellschaft hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft zu kommen, die auf einer Kreislaufwirtschaft basiert.

Wege › Gerade mit der Digitalisierung entstehen neue Verantwortlichkeiten, die Ihnen sehr wichtig sind. Sie haben dazu die Corporate Digital Responsibility-Initiative angeschoben und sie nicht nur auf die Otto Group beschränkt, sondern für andere geöffnet. Was hat Sie dazu bewogen?

Birken › Die Digitalisierung prägt unser aller Leben nachhaltig – im Gesundheitssektor, in der Infrastruktur, in der Bildung oder im Handel –, und die Teilhabe daran ist eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen. Für uns ist klar: Wir müssen hier Verantwortung übernehmen und Kräfte bündeln, und zwar – im Unterschied zum amerikanischen oder chinesischen Weg – auf eine europäische Art und Weise. Für unsere CDR-Initiative haben wir Mitstreiter in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gefunden, um Themen zu identifizieren und voranzutreiben, die uns als Gesellschaft weiterbringen, beispielsweise wie wir in Zukunft arbeiten oder lernen werden. Ein schönes Beispiel dafür ist unsere konzernweite Weiterbildungsinitiative „Techucation“, mit der alle Mitarbeitenden der Otto Group ein umfassendes Verständnis von Digitalisierung erhalten und sich für lebenslanges Lernen begeistern – unabhängig von Bereichen, Hierarchie oder Alter. Was zunächst nur als interner Austausch gedacht war, haben wir mit großem Erfolg nach außen geöffnet und jetzt Lehrer:innen zugänglich gemacht.

Wege › Ein Ziel der CDR-Initiative ist es, in einem CDR-Kodex gemeinsame Handlungsfelder festzuschreiben, beispielsweise den Umgang mit Daten. Wie ist dieser Kodex entstanden?

Birken › Dieser Kodex wurde vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie einigen Unternehmen gemeinsam entwickelt. Spannend ist, dass sich darin unsere kulturelle Leitidee von Transparenz und Kollaboration wiederfindet. Das heißt: Wir sagen nicht, wie es laufen soll, sondern stellen Fragen und versuchen, gemeinsam mit anderen darauf Antworten zu finden. Die Welt ist heute viel zu komplex, als dass einzelne Politiker:innen oder CEOs alle Antworten auf die damit verbundenen Fragen geben könnten. Dazu gehört auch der Umgang mit Daten, die ein gewaltiges Potenzial für Wirtschaft und Gesellschaft darstellen, aber auch geschützt werden müssen. Hierfür den richtigen Rahmen für eine europäische Denkweise zu setzen funktioniert nur, wenn sich die relevanten Akteure offen miteinander austauschen. Hier, aber eben nicht nur hier, greift Friedmans Diktum zu kurz. Als Unternehmen, das stark datenbasierte Geschäftsmodelle betreibt, muss es uns ein Anliegen sein, einen profitablen und achtsamen Umgang mit Daten zu finden.

Wege › Der Datenschutz in Europa ist für die einen ein Markthindernis, für andere ein Alleinstellungsmerkmal. Wie müssten Ihrer Ansicht nach die regulatorischen Leitplanken beschaffen sein, die uns in Europa und Deutschland helfen, unsere spezifischen Stärken herauszuarbeiten?

Birken › In der Pandemie haben wir als Gesellschaft erneut unsere digitalen Defizite erkannt, auch die Politik, die nun auf unterschiedlichen Ebenen beginnt, ihre Hausaufgaben zu machen. Der große Wachstumstreiber wird jedoch nicht aus der Politik, sondern aus der Wirtschaft kommen. Wie Sie sagten, sollten wir von der Politik Rahmenbedingungen für ein „equal playing field“ erwarten, das wir bislang nicht haben. Bisher haben viele Regeln die hiesige Digitalwirtschaft betroffen, während sie an den großen US-Digitalunternehmen abgeperlt sind, obwohl das ganz anders gedacht war. Um diesen eigenen und für uns funktionierenden Weg müssen wir gemeinsam ringen – Politik, Datenschützer:innen und Expert:innen in den Unternehmen – möglichst transparent und ohne dass der Prozess von platter Lobbyarbeit geprägt wird.

Wege › Dieser Prozess begleitet uns seit einigen Jahren, und es ist wichtig, ihn als solchen zu verstehen und zu gestalten. Gerade die Chance, darauf Einfluss zu nehmen, sollten Führungskräfte in den Unternehmen ergreifen. Welche Möglichkeiten haben Sie, ihre eigenen Vorstellungen einzubringen und von anderen zu lernen?

Birken › Es gibt die bereits erwähnte CDR-Initiative, aber für Unternehmer:innen sind die klassischen Netzwerke dafür der richtige Ort – und das eigene Unternehmen. Ich erlebe bei uns Engagement auf allen Ebenen. Im vergangenen Jahr erfanden die Mitarbeitenden – nicht die Führungskräfte – bei unserer Baur-Gruppe den digitalen Frühjahrsputz. Bedeutet: Jede auf dem Computer oder in der Cloud gespeicherte Datei benötigt Energie. Wenn wir hier aufräumen und alte Dateien löschen, sparen wir Ressourcen und reduzieren Emissionen. In diesem Jahr wurde diese Aktion in zwölf Unternehmen der Otto Gruppe durchgeführt, und darauf bin ich richtig stolz. Eine solche Aktion funktioniert nur, weil wir Barrieren zwischen Bereichen und Konzerngesellschaften eingerissen und hierarchiefreie Austauschformate geschaffen haben wie die lokalen Kulturwandelteams, die dank digitaler Tools mit Ideen konzernweit Pingpong spielen. Kulturwandel ist großartig, wenn er funktioniert, aber auch kein Selbstläufer. Es ist ein fortlaufender Prozess, der aktiv betrieben und immer wieder eingefordert werden muss, damit das Unternehmen nicht wieder in alte Muster zurückfällt.

Wege › Eine Haltung konsequent zu vertreten ist für Unternehmen eine mutige, aber auch keine einfache Entscheidung. Sie machen sich unter anderem für eine gendergerechte Sprache stark. Wie einfach oder schwer ist es, Position zu beziehen, und was können andere von der Otto Group lernen?

Birken › Wir sind auf einem Weg, und das benennt bereits den wichtigsten Schritt: nämlich sich auf den Weg zu machen. Als CEO der Otto Group habe ich den großen Vorteil, dass hier bereits seit Jahrzehnten an verschiedenen Themen gearbeitet wird. Mein erster Arbeitsvertrag 1991 bei Otto war auf eher unansehnlichem Recyclingpapier gedruckt, und am ersten Arbeitstag wurde mir sofort die Mülltrennung erklärt, für die damalige Zeit revolutionär, aber völlig richtig. In der Otto Group leben wir eine weltoffene und tolerante Kultur. Dazu gehört auch eine faire Sprache, die alle Menschen inkludiert. Wir achten und fördern heute die Gleichberechtigung aller Menschen, weil wir sie in der Gesellschaft nicht voraussetzen können und es noch viele Hindernisse zu überwinden gilt. Ich bekomme immer wieder zu hören, das Gendern sei eine Verunglimpfung der deutschen Sprache. Persönlich finde ich das auch nicht schön, aber es geht darum, Aufmerksamkeit zu schaffen. Denn Sprache schafft Vorstellungen und weckt Assoziationen. Sprache sollte es schaffen, dass sich kein Mensch diskriminiert fühlt. Wer dafür einsteht, erhält Zuspruch, der Mut macht, und Widerspruch, den man aushalten muss.

Wege › Es ist am Ende die Authentizität, die einen hier als Person oder Unternehmen erfolgreich macht. Denn für jeden, der sich einer Haltung wegen abkehrt, kommen genau wegen dieser Haltung Neue dazu.

Birken › Genau – wir erleben bei vielen jungen Käuferschichten viel Zuspruch, wenn es um das Thema Haltung und Werte geht. Das Schöne ist: Sie erwarten dabei keinen Perfektionismus. Das meine ich auch damit, wenn ich sage, es sei wichtig, sich auf den Weg zu machen. Wie es richtig oder besser geht, lernt man unterwegs.

Wege › Um als Unternehmen eine Position vertreten zu können, ist die Unternehmenskultur entscheidend. Der Kulturwandel hin zu Eigenverantwortung und Hierarchielosigkeit ist bei der Otto Group ein ganz starkes Thema.

Birken › Das stimmt – mit einer kleinen Korrektur: Wir sind nicht hierarchielos. Wir brauchen Hierarchien, in einem Konzern dieser Größe geht das nicht anders. Aber sie werden bei uns anders gelebt. Nicht mehr mit Befehl und Gehorsam oder Monopolwissen und Elfenbeinturm, sondern mit Transparenz und Zusammenarbeit. Ausgerufen haben wir den Kulturwandel vor Jahren, um überlebensfähig zu sein, auch vor dem Hintergrund einer digitalen Welt, die sich mit stets wachsender Geschwindigkeit transformiert. Wer dabei versucht, an tradierten Kultur- und Organisationsformen festzuhalten, lässt viel Potenzial ungenutzt und hat langfristig keine Chance. Deshalb ist heute klar, dass eine erfolgreiche digitale Transformation an zwei Faktoren hängt, an Technologie und Kultur. Nur weil wir diesen Wandel vor Jahren angestoßen haben, können wir heute im Unternehmen offene Diskussionen führen, beispielsweise zu unserem Code of Ethics oder bei schwierigen Entscheidungen.

Porträt von Alexander Birken, Vorstandsvorsitzender der Otto Group

Alexander Birken

Alexander Birken ist seit 1. Januar 2017 Vorstandsvorsitzender der Otto Group. Zuvor verantwortete er als Konzernvorstand Multichannel mit Schwerpunkt Distanzhandel die strategische Weiterentwicklung der Einzelgesellschaft OTTO, der Baur-Gruppe, der Bonprix-Gruppe, der Otto Group Russia, der Schwab-Gruppe und der Witt-Gruppe. 1991 stieg Birken nach dem Studium der Betriebswirtschaft und ersten beruflichen Stationen bei der Otto Group ein und machte im internationalen Controlling rasch Karriere. Von 2002 bis 2004 war er Chief Operating Officer der Spiegel Group in den USA. Seit 2005 ist der gebürtige Hamburger und Vater von vier Kindern im Vorstand der Otto Group.

Porträt von Egbert Wege, verantwortlicher Partner bei Deloitte

Egbert Wege

Egbert Wege leitet als verantwortlicher Partner bei Deloitte das Offering Portfolio Customer & Marketing und den Bereich Retail. Sein Beratungsschwerpunkt liegt auf den Themen der digitalen Transformation, Plattformökonomie, Business Building, Innovation, Multichannel Retailing, Marketing-Effizienz, Kundenbindung und Branding. Seine Handelserfahrungen an der Konsumentenschnittstelle bringt er auch in die Branchen Finanzdienstleistungen, Travel und Pharma ein. Egbert Wege ist seit 1999 in der Beratung tätig. Zwischen 2005 und 2011 arbeitete er sechs Jahre lang für ein führendes internationales Versandhaus u. a. als Geschäftsführer.