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Technologie

Wie Shawn und ein Ampelsystem unser Vertrauen in KI fördern können

Boschs KI-Chef Christoph Peylo spricht mit Nicolai Andersen, Managing Partner Consulting bei Deloitte, über Künstliche Intelligenz, ein intelligentes Ampelsystem und die Frage, ob Handwerken mit KI immer noch Spaß macht.

Foto von Christoph Peylo, lehnt sich Seitlich an einer Wand an.

Herr Peylo, Künstliche Intelligenz (KI) erfordert einen starken Hintergrund in Mathematik, Informatik oder Ingenieurwesen. Dennoch wird KI oft vermenschlicht – die Sprachsteuerung Siri ist ein Beispiel, der humanoide Roboter „Pepper“ mit seinen großen Augen ein anderes. Brauchen wir eine Person, um uns Künstliche Intelligenz vorstellen zu können?

Dr. Christoph Peylo › Aus meiner Sicht hat das vor allem damit zu tun, dass KI ein durchaus kontroverses Thema ist und bei manchen Menschen Ängste hervorrufen kann. Denken Sie an eine Künstliche Intelligenz wie HAL aus Stanley Kubricks Film „2001 – Odyssee im Weltraum“ – dem ist ja nicht über den Weg zu trauen. Deswegen sind Roboter oft an das Kindchenschema angelehnt. Auch Siri fördert mit ihrer angenehmen Stimme ein eher positives Erlebnis.

Hat Bosch deshalb den IoT-Helden Shawn, der mit seinen „LikeABosch“-Filmen bekannt geworden ist, im Einsatz?

Peylo › (Lacht.) Ja, der ist ja auch ein ganz Sympathischer. Und wenn ich dem Feedback meiner Kinder und deren Freunde vertraue, hat mein Coolnessfaktor als jemand, der bei Bosch arbeitet, durch Shawn deutlich zugenommen.

»Wir entwickeln nicht nur Produkte mit KI für den Endverbraucher. Wir stellen unsere Produkte auch mit KI her.«

Ihre Vision ist ja, dass bis 2025 alle Produkte nicht nur vernetzt sind, sondern auch Künstliche Intelligenz in sich tragen. Wie bringen Sie ein so großes Unternehmen wie Bosch dahin, dass das auch wirklich passiert?

Peylo › Wir beschäftigen uns beim Bosch Center for Artificial Intelligence (BCAI) vor allem damit, wie wir KI durch gute Algorithmen und entsprechende Software auf möglichst viele Geräte bringen können. Wir haben rund zehn Millionen vernetzbare Geräte bereits verkauft und sind deshalb optimistisch, unser Ziel zu erreichen. Im Consumer-Bereich reicht das von Staubsaugern und Kühlschränken über Heizsysteme bis hin zu Waschmaschinen. Letztere könnten mit Hilfe von Sensoren zum Beispiel erkennen, mit welcher Wäsche sie beladen werden und dann gleich das richtige Waschprogramm vorschlagen. Aber wir entwickeln nicht nur Produkte mit KI für den Endverbraucher. Wir stellen unsere Produkte auch mit KI her. So können wir Störungen im Fertigungsprozess verhindern – und Fabriken damit effizienter, produktiver und umweltfreundlicher machen. Wie das funktioniert, zeigen wir unter anderem auf der virtuellen Konferenz AI CON, die führende Köpfe aus der akademischen Welt und der Unternehmensforschung zusammenbringt.

»Bei datengetriebenen lernenden Algorithmen kommt es sehr darauf an, wie repräsentativ die Daten wirklich sind für den Ausschnitt der Welt, den sie darstellen sollen.«

Lassen Sie uns das doch mal greifbar machen: Was wird im Jahr 2025 möglich sein, zum Beispiel in einem Bohrer, aber auch in anderen Geräten?

Peylo › Wenn ich da die ganz große Vision aufmachen darf, über 2025 hinaus, könnte Handwerkerwissen wie die Auswahl des geeigneten Sägeblatts oder des passenden Bohrers in die Werkzeuge integriert werden. Mit diesem Wissen kann ein Werkzeug Sie dann bei Ihrer Arbeit beraten

Macht das Handwerkern denn dann noch Spaß?

Peylo › Ja, gerade dann. Was habe ich mich schon über einen falschen Schnitt und verhunzte Werkstücke geärgert. Aber auch für Handwerker ist so etwas ein erheblicher Mehrwert.

Der Mehrwert ist das eine, das andere ist die Sorge mancher Menschen, dass Maschinen autonome Entscheidungen treffen. Müssen wir da genauer hinschauen, wenn KI zum Beispiel in einem Bohrer enthalten ist, oder ist der Entwicklungsprozess der gleiche wie bei einem analogen Gerät?

Peylo › Da schauen wir natürlich schon genauer hin. Bei datengetriebenen lernenden Algorithmen kommt es sehr darauf an, wie repräsentativ die Daten wirklich sind für den Ausschnitt der Welt, den sie darstellen sollen. Wir achten dabei auch ganz besonders darauf, ob die Daten einen „hidden bias“ enthalten und das System dann Dinge lernt, die nicht repräsentativ sind. Denn dann besteht die Gefahr, dass es falsch entscheidet und gegebenenfalls Menschen diskriminiert.

Wenn ich jetzt an Produkte aus ihrem Haus wie einen Bohrer denke – wo ist da das Risiko der Künstlichen Intelligenz?

Peylo › Bei einem Bohrer oder in der industriellen Fertigung ist Diskriminierung sicher nicht das drängendste Problem, da haben Sie völlig Recht. Aber bei Kamerasystemen, die im Straßenverkehr oder bei der Raumüberwachung eingesetzt werden, sieht das anders aus. Robuste Sensoren sind hier besonders wichtig, vor allem, wenn sie mit KI gekoppelt werden.

Sollten wir als Unternehmen, aber auch die Wissenschaft also mehr aufklären, um den Menschen diese Sorgen zu nehmen, vor allem dort, wo sie unbegründet ist? Mein Eindruck ist, dass Risiken, die besonders greifbar sind, oft eingedämmt werden und wir dadurch Chancen ungenutzt lassen.

Peylo › Ich habe schon den Eindruck, dass die Diskussion um eine Vorherrschaft der Maschinen in Deutschland ganz vernünftig geführt wird. Aber ich gebe Ihnen völlig recht, die Gefahr der Überregulierung ist groß. Klar ist jedoch auch: KI wird sich nur durchsetzen, wenn der Mensch ihr vertraut. Deshalb sind wir bei Bosch der Meinung, dass die KI-Entwicklung regulatorisch, gerade wenn es um Leben und Gesundheit geht, und ethisch vorbereitet werden muss. Bosch hat sich zum Beispiel einen Kodex gegeben, der festlegt, das Künstliche Intelligenz unsere Unternehmenswerte fördert. Für uns ist wichtig, dass der Mensch die letzte Entscheidungsinstanz ist. Das System darf also nicht durch eine schlechte Nutzerführung den Menschen gängeln oder in seiner Entscheidungsfindung beeinträchtigen. Wenn dem so ist, muss ein solches System aber auch nicht weiter reguliert werden, denn der Mensch hat ja das letzte Wort.

»Für den Verbraucher ist aus meiner Sicht ein Label-System sinnvoll, wie es beim Energieverbrauch von Waschmaschinen bereits besteht. So wird nachvollziehbar, nach welchen Mechanismen und Werten eine KI arbeitet.«

Diese Diskussion habe ich schon oft in der AG Ethik in der Initiative D21 geführt. Stellen wir uns ein System vor, das das Starten des Autos verhindert, wenn es feststellt, dass der Fahrer ein paar Promille Alkohol im Blut hat – sollte das System das aus Ihrer Sicht entscheiden können? Wie sehen Sie das, wenn ein älterer Fahrer an einem heißen Tag dehydriert und erkennbar unaufmerksam ist?

Peylo › Wenn der Hersteller die Funktionsweise und Entscheidungen des Systems transparent macht, ist das aus meiner Sicht in beiden Fällen in Ordnung. Es sollte aber möglich sein, dass fahrtüchtige Beifahrer problemlos übernehmen können.

Dann ist doch die Frage, wie wir ausreichend Transparenz herstellen, damit wir dem Algorithmus vertrauen können.

Peylo › Das stimmt. Dabei müssen wir aus meiner Sicht auf verschiedenen Ebenen denken. Nach einem Verkehrsunfall sollten Experten zum Beispiel in der Lage sein, nachzuvollziehen, auf welcher Grundlage ein System entschieden hat. Dazu brauchen sie bestimmte stochastische Werkzeuge, aber die gibt es. Für den Verbraucher ist aus meiner Sicht ein Label-System sinnvoll, wie es beim Energieverbrauch von Waschmaschinen bereits besteht. So wird nachvollziehbar, nach welchen Mechanismen und Werten eine KI arbeitet. Und die Entscheidung, welches System man einsetzen will, liegt dann wieder beim Menschen.

In Deutschland steht der Datenschutz stark im Fokus, aus meiner Sicht manchmal zu stark, weil es dann mehr um Datenschutz und weniger um Personenschutz geht. Bleiben wir bei der Bohrmaschine, die zum Beispiel das Bohrverhalten der Nutzer vergleicht. Wie schaffen wir hier mehr Vertrauen?

Peylo › Wieder durch Transparenz. Wir sollten erklären, was man davon hat, wenn diese Daten ermittelt und ausgewertet werden. Bei Bosch gehen wir gezielt sehr datensparsam vor, denn viele Wirkzusammenhänge unserer Geräte und Produkte verstehen wir bereits sehr gut. Wir versuchen also, dieses uns bekannte Wissen zusammen mit datengetriebenen Modellen zu nutzen, um dann mit weniger Daten auszukommen. Durch diese hybriden Modelle sind wir außerdem energiefreundlicher, weil das Training der Algorithmen weniger umfangreich ist.

Nun gibt es den bekannten Spruch von Daten als dem neuen Öl. Sollten Unternehmen ihre Daten hüten wie einen wertvollen Schatz, oder sind die besser beraten, ihre Daten zu teilen?

Peylo › Das sagen natürlich gerne Firmen, die ihr Geld mit Datenspeicherung verdienen. Alle anderen Unternehmen tun gut daran, eine Datenstrategie aufzusetzen, also zu überlegen, welche Daten brauche ich wirklich und was tue ich, wenn ich noch mehr und präzisere Daten haben will. Denn dann speichert man nicht alles, sondern nur das Richtige und Wichtige.

Lassen Sie uns zum Abschluss nach vorne schauen: Künstliche Intelligenz lässt sich ja zerlegen in Algorithmen plus Daten plus Rechenleistung. Behalten diese drei Komponenten in den nächsten fünf bis zehn Jahren die gleiche Bedeutung, oder wird eine besonders bedeutsam werden für KI?

Peylo › Ich würde noch die Verbindung dazunehmen, die für Echtzeitfähigkeit und die Vernetzung von Cloud-Systemen bedeutender wird. Diese vier Bestandteile werden aus meiner Sicht KI auf absehbare Zeit bestimmen.

Porträt von Dr. Christoph Peylo

Dr. Christoph Peylo

Christoph Peylo leitet das Bosch Center for Artificial Intelligence mit Standorten in Bengaluru (Indien), Sunnyvale (USA) und Renningen (Deutschland). Bosch forscht dort an Künstlicher Intelligenz (KI), die sicher, robust und erklärbar ist. Die Anwendungsfelder reichen von der Mobilität über die Fertigung bis zur Landwirtschaft. Bevor er 2017 zur Robert Bosch GmbH kam, war Peylo Vizepräsident der T-Labs (Telekom Innovation Laboratories) in Berlin, wo er auf den Gebieten KI, (Cyber-)Sicherheit, Industrie 4.0 und IoT (Internet of Things) arbeitete. Vorher war er Geschäftsführer eines kleinen Start-ups, das von T-Systems gekauft wurde. Christoph Peylo studierte Informatik, Computerlinguistik und Künstliche Intelligenz und promovierte an der Universität Osnabrück im Bereich KI.

Porträt von Nicolai Andersen

Nicolai Andersen

Nicolai Andersen leitet den Geschäftsbereich Consulting bei Deloitte Deutschland. Der Wirtschaftsingenieur ist seit 1999 in der Beratung tätig und hat eine Vielzahl von Unternehmen im In- und Ausland bei Transformationsprojekten mit Fokus auf neue Geschäfts- und Betriebsmodelle begleitet. Nicolai Andersen ist Experte für Auswirkungen von technologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen auf Unternehmen. Als Chief Innovation Officer leitete er den Corporate Incubator „Deloitte Garage“ und hat die digitale Transformation von Deloitte vorangetrieben. Er ist außerdem Mitglied des Präsidiums der Initiative D21 und engagiert sich für die Diskussion der ethischen Aspekte der Digitalisierung.

Profil bei Deloitte

Redaktion: Dirk Mewis, Christian Gressner