Frau Stolz, Frau Weber, um die Datensouveränität ist es schlecht bestellt. Nicht erst Whistleblower wie Edward Snowden haben das gezeigt. Dennoch scheinen sich Konsumenten nicht richtig um das Thema zu kümmern. Woran liegt das?
Milena Stolz › Datenschutz ist einfach unsexy. Wer heute eine Datenschutzerklärung wirklich lesen und verstehen will, bevor sie oder er ihr zustimmt, muss viel Zeit und am besten noch einen juristischen Hintergrund mitbringen. Das sollten aber nicht die Voraussetzungen für die Nutzung einer Webseite sein. Genau da setzen wir mit unserem Digital Wombats-Siegel an. Wir wollen es allen Nutzenden schnell und unkompliziert ermöglichen, den Umgang der Betreiber mit dem Datenschutz zu erfassen, damit sie ihre Privatsphäre besser schützen können.
Marie Weber › Wenn man Menschen danach fragt, ob ihnen ihre Privatsphäre wichtig ist, dann stimmen sie zu. Wenn sie sich aber wirklich darum kümmern müssen, sind die meisten überfordert. Die meisten wissen nicht wie sie einen besseren Datenschutz im Alltag umsetzen können, da das Thema zu abstrakt und zu wenig greifbar ist. In den meisten Fällen wissen Userinnen und User schlichtweg nicht, was mit den Daten passiert. Aktion und Reaktion sind zeitlich entkoppelt. Wenn ich mich bei einem Anbieter anmelde und irgendwann später von einem anderen eine Spammail bekomme, bleibt der Zusammenhang unklar. Außerdem empfinden manche eine direkt auf sie zugeschnittene Werbung nicht einmal als Belästigung. Dass dafür ihre Daten genutzt wurden, nehmen sie also gerne in Kauf.
»Die meisten wissen nicht, wie sie einen besseren Datenschutz im Alltag umsetzen können, da das Thema zu abstrakt und zu wenig greifbar ist.«
Marie Weber
Warum führt die Diskussion über die bestehende Praxis nicht zu einer Veränderung?
Stolz › Wir beobachten, dass ein großer Teil der Diskussion um die Datensouveränität in einer Bubble geführt wird. Es sind IT-Expertinnen und Experten, Personen mit einem juristischen Hintergrund oder einer Expertise in Datenschutz, die sich daran beteiligen. Die normalen Konsumentinnen und Konsumenten sind davon ausgeschlossen, da das Thema eben nicht auf ihr Verständnis-Level heruntergebrochen wird. Das bedeutet aber nicht, dass die breite Masse kein Interesse an dem Thema zeigt. Es ist bekannt, dass die großen Plattformen nicht gerade Datenschutz-Heroes sind. Ein klares Verständnis, was das genau für die Privatsphäre im Alltag bedeutet, existiert jedoch nicht. Das wäre aber eine Voraussetzung, um Forderungen zu stellen und um das Verhalten in Bezug auf den eigenen Umgang mit Datenschutz zu ändern.
Weber › Als Gesellschaft brauchen wir deshalb ein gemeinsames Verständnis für das, was aktuell passiert und wie wir Datenschutz gestalten wollen. Die Nutzung der Daten gehört zum Kern der Geschäftsmodelle der großen Plattformen, die zum Teil nicht nur bereits die Wirtschaft dominieren, sondern einen enormen Einfluss auf unseren Alltag haben. Unternehmen müssen daher in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen, auch weil mittlerweile klar ist, dass der Staat diese Aufgabe nur zum Teil erfüllen kann. Unser Ansatz ist ein „Best Practice“-Weg, indem wir helfen, Leitplanken für die Corporate Digital Responsibility, kurz CDR, zu etablieren.