Anzeigensonderveröffentlichung

Gesellschaft

Datenschutz: Wie ein Wombat Brücken baut zwischen Recht und Verständnis

Geht es nach den Gewinnern der Digital Future Challenge 2020 der Deloitte-Stiftung und der Initiative D21, wird bald ein tierisches Symbol darüber informieren, wie Anbieter von Webseiten es mit dem Datenschutz halten. Finn Hagemann, Milena Stolz und Marie Weber arbeiten zurzeit daran, das Digital Wombats-Prüfsiegel zu etablieren. Im Interview sprechen Milena Stolz und Marie Weber darüber, warum User sich oft nicht um Datenschutz kümmern, dass Unternehmen verantwortlich handeln sollten und wie die Digital Wombats das erreichen wollen.

Das Interview führte Michael Hasenpusch

Finn Hagemann, Milena Stolz und Marie Weber

Frau Stolz, Frau Weber, um die Datensouveränität ist es schlecht bestellt. Nicht erst Whistleblower wie Edward Snowden haben das gezeigt. Dennoch scheinen sich Konsumenten nicht richtig um das Thema zu kümmern. Woran liegt das?

Milena Stolz › Datenschutz ist einfach unsexy. Wer heute eine Datenschutzerklärung wirklich lesen und verstehen will, bevor sie oder er ihr zustimmt, muss viel Zeit und am besten noch einen juristischen Hintergrund mitbringen. Das sollten aber nicht die Voraussetzungen für die Nutzung einer Webseite sein. Genau da setzen wir mit unserem Digital Wombats-Siegel an. Wir wollen es allen Nutzenden schnell und unkompliziert ermöglichen, den Umgang der Betreiber mit dem Datenschutz zu erfassen, damit sie ihre Privatsphäre besser schützen können.

Marie Weber › Wenn man Menschen danach fragt, ob ihnen ihre Privatsphäre wichtig ist, dann stimmen sie zu. Wenn sie sich aber wirklich darum kümmern müssen, sind die meisten überfordert. Die meisten wissen nicht wie sie einen besseren Datenschutz im Alltag umsetzen können, da das Thema zu abstrakt und zu wenig greifbar ist. In den meisten Fällen wissen Userinnen und User schlichtweg nicht, was mit den Daten passiert. Aktion und Reaktion sind zeitlich entkoppelt. Wenn ich mich bei einem Anbieter anmelde und irgendwann später von einem anderen eine Spammail bekomme, bleibt der Zusammenhang unklar. Außerdem empfinden manche eine direkt auf sie zugeschnittene Werbung nicht einmal als Belästigung. Dass dafür ihre Daten genutzt wurden, nehmen sie also gerne in Kauf.

»Die meisten wissen nicht, wie sie einen besseren Datenschutz im Alltag umsetzen können, da das Thema zu abstrakt und zu wenig greifbar ist.«

Marie Weber

Warum führt die Diskussion über die bestehende Praxis nicht zu einer Veränderung?

Stolz › Wir beobachten, dass ein großer Teil der Diskussion um die Datensouveränität in einer Bubble geführt wird. Es sind IT-Expertinnen und Experten, Personen mit einem juristischen Hintergrund oder einer Expertise in Datenschutz, die sich daran beteiligen. Die normalen Konsumentinnen und Konsumenten sind davon ausgeschlossen, da das Thema eben nicht auf ihr Verständnis-Level heruntergebrochen wird. Das bedeutet aber nicht, dass die breite Masse kein Interesse an dem Thema zeigt. Es ist bekannt, dass die großen Plattformen nicht gerade Datenschutz-Heroes sind. Ein klares Verständnis, was das genau für die Privatsphäre im Alltag bedeutet, existiert jedoch nicht. Das wäre aber eine Voraussetzung, um Forderungen zu stellen und um das Verhalten in Bezug auf den eigenen Umgang mit Datenschutz zu ändern.

Weber › Als Gesellschaft brauchen wir deshalb ein gemeinsames Verständnis für das, was aktuell passiert und wie wir Datenschutz gestalten wollen. Die Nutzung der Daten gehört zum Kern der Geschäftsmodelle der großen Plattformen, die zum Teil nicht nur bereits die Wirtschaft dominieren, sondern einen enormen Einfluss auf unseren Alltag haben. Unternehmen müssen daher in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen, auch weil mittlerweile klar ist, dass der Staat diese Aufgabe nur zum Teil erfüllen kann. Unser Ansatz ist ein „Best Practice“-Weg, indem wir helfen, Leitplanken für die Corporate Digital Responsibility, kurz CDR, zu etablieren.

Sie haben mit den Digital Wombats eine Art Datenschutz-Gütesiegel erschaffen. Bevor wir ins Detail einsteigen, zunächst die Frage: Was hat ein Wombat, eines der größten Säugetiere der Welt, das in selbst gegrabenen Höhlen lebt, mit Datenschutz zu tun?

Weber › Der Wombat hat uns drei – Milena, Finn und mich – von Anfang an begleitet. Da wir verstreut in Deutschland leben, arbeiteten wir von Anfang an primär über digitale Tools zusammen. Bei unserem allerersten Treffen tauchte im Chat ein „anonymer Wombat” auf. Das war eine von uns dreien, die sich nicht korrekt eingeloggt hatte. Daraus ist die Idee entstanden, dass der Wombat uns sehr gut symbolisiert: Auch wir möchten uns wie der Wombat immer tiefer in die Datenschutzmaterie eingraben und ein nachhaltiges System aufbauen. Wir wollen damit jedenfalls nicht sagen, dass sich die Konsumentinnen und Konsumenten vor lauter Datenschutzangst nun in den digitalen Untergrund begeben sollen.

»Die DSGVO ist grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung, sie ist sinnvoll und wertvoll, aber nicht das Ende des Weges beim Datenschutz.«

Marie Weber

Datenschutzbestimmungen sind lange und kompliziert und werden oft nicht verstanden oder gleich gar nicht gelesen. Wie beurteilen Sie die DSGVO in diesem Zusammenhang?

Weber › Die DSGVO ist grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung, sie ist sinnvoll und wertvoll, aber nicht das Ende des Weges beim Datenschutz. Sie hat einen rechtlichen Hintergrund und das zeigt sich deutlich in der alltäglichen Nutzung, beispielsweise in der juristischen Sprache wie Datenschutzbestimmungen formuliert sind.

Stolz › Was uns bei der DSGVO fehlt, ist die kommunikative Brücke zwischen geltendem Recht und Alltagsverständnis. Dabei wollen wir mit den Digital Wombats helfen. Es geht nicht um die Neuerfindung der Regeln, sondern darum, diese Regelung in eine verständliche, übersichtliche und schnell zu erfassende Form zu vermitteln. Dabei kam uns die Idee, ein Siegel wie die Wombats aufzusetzen.

Können wir uns die Digital Wombats vorstellen wie beispielsweise die Aufkleber auf den Kühlschränken im Elektromarkt, die etwas über die Energieeffizienz des Gerätes aussagen?

Stolz › So ähnlich, aber wir vergleichen die Digital Wombats am liebsten mit einem Bio-Siegel, wie man es im Supermarkt findet. Als Konsumentin oder Konsument verbinde ich mit einem solchen Siegel bestimmte Werte und Vorstellungen, die ich beim ersten Hinsehen ohne Nachdenken in meinem Gedächtnis abrufe. Will ich es genauer wissen, kann ich den Joghurt oder die Milchtüte immer noch umdrehen, und mir die Details auf der Rückseite durchlesen. Darauf zielen wir auch mit unseren Digital Wombats ab. Es soll den Userinnen und Usern einen ersten schnellen Eindruck vermitteln, die Werte vermitteln, die hier zugrunde liegen, aber nicht die dahinterliegende Datenschutzerklärung ersetzen. Wer will, kann und soll sie sich dennoch durchlesen.

Prüfsiegel wie die TÜV-Plakette oder der Trusted-Shops-Button werden von Stellen verliehen, die als vertrauenswürdig bekannt sind. Wie funktioniert das bei den Digital Wombats?

Stolz › Ideen für die konkrete Umsetzung des Prüfprozesses gibt es schon, aber hierbei stehen wir noch am Anfang. Deshalb haben wir uns Juristen und IT-Fachleute gesucht, mit denen wir gemeinsam einen solchen Prozess aufbauen möchten. Im Moment sind wir dabei ein Advisory-Board aufzustellen, das uns zu solchen inhaltlichen und strategischen Fragen beraten soll. Gleichzeitig möchten wir durch die Hilfe der Expertinnen und Experten auch Vertrauen in unsere Digital Wombats-Siegel bei unseren potentiellen Kundinnen und Kunden aufbauen.

»Das Digital-Wombats-Siegel verstehen wir mehr als Kommunikationstool, das sofort seine Botschaft vermitteln soll. Wir wollen erreichen, dass die Nutzenden sofort sehen, ob eine Website verantwortungsvollen Datenschutz betreibt oder nicht.«

Milena Stolz

Sie waren nicht die Ersten mit der Idee für ein Datenschutzsiegel. Worin unterscheiden Sie sich von den anderen?

Stolz › Ja, es gibt bereits Datenschutzsiegel von anderen Organisationen. Aber diese Siegel liefern eher technische Klassifizierungen. Bei uns steht die verständliche Darstellung im Vordergrund mit der wir die Userinnen und User abholen wollen. Das Digital Wombats Siegel verstehen wir mehr als Kommunikationstool, das sofort seine Botschaft vermitteln soll. Wir wollen erreichen, dass die Nutzenden sofort sehen, ob eine Webseite verantwortungsvollen Datenschutz betreibt oder nicht.

Weber › Das Thema Datenschutz ist sehr komplex, um den Umgang dennoch als einzelnes Siegel abzubilden, haben wir uns die DataBlocks überlegt. Der DataBlock „#privat“ sagt aus, dass das Datensammeln transparent abläuft und Daten nicht an Dritte verkauft oder anderweitig kommerzialisiert werden. „#sicher“ zeigt, dass die gesammelten Daten vertraulich und verschlüsselt gespeichert und pseudonymisiert verarbeitet werden. Es wird einen DataBlock geben, der „#lokal“ heißt und aussagt, dass die Daten nicht auf Servern in Drittstaaten gespeichert werden. Ein Vierter wird zeigen, wie ökologisch eine Webseite ist, ob sie beispielsweise mit Ökostrom betrieben wird.

Wie ist bisher das Feedback zu Ihrer Idee?

Stolz › Das Feedback bei der Digital Future Challenge 2020 war sehr vielversprechend. Wir sind von Staatsministerin Dorothee Bär, die für uns die Schirmherrschaft übernommen hat, zu ihrem Innovation Council eingeladen worden. Da werden wir auch auf Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft treffen. Das wollen wir dazu nutzen, deren Interessen abzufragen und damit die Unternehmensperspektive in unser Konzept hineinzubringen.

Würde sich denn ein Unternehmen den Digital Wombat auf die Webseite setzen, wenn es dabei schlecht wegkommt? Das wäre bei einigen der großen Digitalplattformen vermutlich der Fall.

Stolz › Langfristig soll das Siegel als Anreizsystem wirken. Wir wollen eine Marktdurchdringung erreichen wie beispielsweise „Trusted Shops“, deren Siegel ein Online-Shop heutzutage fast schon haben muss, um überhaupt ernst genommen zu werden. Je mehr es haben, desto attraktiver oder notwendiger ist es für andere, dabei mitzumachen. Unser erster Ansatz ist aber, nicht gleich auf diese ganz großen Unternehmen zuzugehen, dazu haben wir aktuell gar nicht die Kapazitäten. Kurz- und mittelfristig sehen wir das Potenzial bei den kleineren Unternehmen, für die das Unverständnis beim Thema Datenschutz auf Seiten der Kunden ein Hindernis darstellt. Für diese Unternehmen hätte der Digital Wombat auf der Webseite definitiv Vorteile, so können sie ihren Kundinnen und Kunden ihren verantwortungsvollen Umgang mit deren Daten kommunizieren. Der „gute Datenschutz“ würde zu einem Selling Point werden.

Das hört sich sehr aufwendig an. Allein die umfangreichen Datenschutzerklärungen zu analysieren, dürfte eine Menge Arbeit machen. Wer wird das leisten können?

Weber › Ein Ansatz ist, bestehende Zertifizierungen der Unternehmen heranzuziehen, beispielsweise ISO-Zertifizierungen, die eine Bewertung erleichtern würden. Wir entwerfen im Prinzip einen Zertifizierungsprozess, der auch bisherige Zertifikate nutzt.

Stolz › Wir wollen uns auf keinen Fall über bestehende Zertifizierungen positionieren, wir müssen das Rad nicht neu erfinden. Wir wollen diese eher für den Prüfprozess nutzen. Deshalb benötigen wir auch den Input der zahlreichen Expertinnen und Experten, die es auf diesem Gebiet gibt. Über den Kontakt zu Dorothee Bär können wir auch die politische Ebene erreichen. Vieles ist zurzeit in der Entwicklung.

Sie drei waren zumindest bis vor Kurzem alle noch Studierende an verschiedenen Universitäten in Deutschland. Wie viel Zeit investieren Sie in dieses Projekt?

Weber › Tatsächlich sind nur noch Finn und ich im Studium, Milena hat ihr Studium mittlerweile beendet. Wir setzen das Start-up nebenberuflich und ehrenamtlich auf und deshalb brauchen wir auch eine gewisse Zeit, um es ins Laufen zu bringen. Hochmotiviert sind wir aber auf jeden Fall. Dabei hat auch geholfen, dass wir sehr viel Unterstützung erfahren haben, vor allem aus der Politik. Vielleicht können wir hier im Interview dazu aufrufen, dass wir definitiv noch mehr Unterstützung gebrauchen könnten?

Aber gerne. Noch eine Frage zum Arbeitsaufwand: Wie finanzieren Sie sich zurzeit?

Weber › Im Moment finanzieren wir uns selbst. Mit dem ersten Preis bei der Digital Future Challenge 2020 war kein Preisgeld verbunden, sondern eine Forschungsreise für uns drei nach Brüssel. Der enge finanzielle Rahmen schränkt uns schon etwas ein. Was wir aber auch merken: Wir werden allmählich bekannter, und dadurch ergeben sich immer mehr Möglichkeiten.

Wissen Sie schon, wie Sie die Reise nach Brüssel nutzen werden?

Stolz › Aufgrund der Corona-Pandemie ist diese Reise erst einmal auf Eis gelegt und auf das kommende Frühjahr verschoben worden. Wir wollten ursprünglich die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley, treffen. Sie hat das Thema CDR ursprünglich gestartet, als sie 2018 noch Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz war. Aus diesem Treffen ist Corona-typisch ein Live-Talk geworden, bei dem wir uns austauschen konnten. Frau Barley will das Thema CDR auf die europäische Ebene heben. Das sehen wir als eine tolle Bestätigung dafür, wie relevant das Thema ist und motiviert uns noch mehr, dran zu bleiben.

Gruppenfoto der Digital Wombats, Milena Stolz, Finn Hagemann und Marie Weber

Digital Wombats

Milena Stolz, Finn Hagemann und Marie Weber entwickelten im Jahr 2019 gemeinsam die Idee der Digital Wombats. Sie verbindet seitdem eine gemeinsame Vision: der sensible und nachhaltige Umgang mit Daten.

Digital Wombats im Netz