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Wirtschaft

Du hast mir den Arbeitstag versaut, Büro ohne Eigenschaften

Der Arbeitsplatz der Zukunft wird beim Recruiting der besten Talente ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Menschen, die Unternehmen mit technischen Fähigkeiten, neuen Ideen und Kreativität voranbringen, sollten besser bezahlt werden.

Von Guido Walter

Grafik auf grauem Hintergrund mit mehreren kleinen weißen Quadraten, auf jedem Quadrat ist eine Person, die was anderes macht, der letzte Block ist Rot, wo eine Person drauf sitzt.

Ein Assessment-Center im Jahr 2030. Der junge Software-Entwickler lädt Personaler dreier IT-Unternehmen zu sich nach Hause ein. Der Reihe nach stellen die Gäste die Vorteile ihrer Firmen heraus. Der Gastgeber hört sich die Argumente an und verabschiedet sich höflich: „Sie hören dann von mir.“ Firmen bewerben sich bei jungen IT-Fachleuten. Auf Events wie der Digitalkonferenz „Data Natives“ in Berlin ist das bereits nichts Ungewöhnliches. Hier sprechen Mitarbeiter von IT-Firmen gezielt die begehrten Programmierer an. Beim „War for Talents“ kämpfen Firmen nicht mit Samthandschuhen. Von Eliteuniversitäten wie der TU München oder der RWTH Aachen sind Klagen über mangelndes Interesse an ihren Absolventen nicht bekannt.

An das oben geschilderte Szenario glaubt Jan-Niklas Keltsch dennoch nicht. „Höchstens bei besonders begehrten Berufen wie Entwicklern ist so ein Modell denkbar“, sagt der Co-Founder des „.AI Hub“ von Deloitte. Für wahrscheinlicher hält Keltsch einen Paradigmenwechsel bei den Gehältern. „Heute ist es oft so, dass hohe Gehälter mit der Verwaltung hoher Budgets verknüpft sind. Das heißt: Wer viel Geld und Mitarbeiter unter sich hat, bekommt auch ein entsprechendes Gehalt im Management. Leider berücksichtigt das nicht, dass häufig andere Personen Ideen und Fähigkeiten in das Unternehmen hineintragen, die für die Zukunftsfähigkeit entscheidend sind.“ In der Zukunft sollten seiner Meinung nach Menschen besser bezahlt werden, die Unternehmen mit technischen Fähigkeiten, neuen Ideen und Kreativität voranbringen. „Leider ist das schwer in Zahlen zu fassen“, gibt Keltsch zu. Überspitzt kann man aber fragen: „Warum verdient ein Leiter der Finanzen mit einigen hundert Mitarbeitern üblicherweise deutlich mehr als die Top-Entwickler im Unternehmen, die keine Führungsverantwortung haben, aber mit ihren Entwicklungen die Umsätze der Zukunft sichern? Wird Management, insbesondere in Zeiten, in denen Künstliche Intelligenz schon heute teilweise Aufgaben besser und schneller als ein Mensch delegieren kann, nicht überbewertet?“

Wer als Unternehmen beim Recruiting der besten Talente mithalten will, muss nicht nur attraktive Arbeitsplätze anbieten, sondern auch am Erhalt der Attraktivität arbeiten.

Dazu zählt neben gesunden der Arbeitsplätzen auch die Ausgestaltung der Arbeit, die auf negative Begleiterscheinungen der digitalen Transformation wie das „always on“ reagiert. Die Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen in Deutschland haben sich in den Jahren 1997 bis 2017 nach einer Statistik der DAK nahezu vervierfacht. Besonders gefährdet sind Frauen. Bei Männern ist seit 2016 eine leicht rückläufige Tendenz zu beobachten. Dennoch sind 50 bis 59 Jahre alte Männer mit 6,6 Prozent dem Robert Koch-Institut zufolge am anfälligsten für einen Burnout. Unternehmen reagieren mit Programmen zur Prävention, Stressmanagement, Gesundheitsvorsorge, flexiblen Arbeitszeiten und Coachings. Die Gesundheit zur Chefsache zu machen, sogar in der Position eines Chief Health Officer zu bündeln scheint naheliegend. Jan-Niklas Keltsch ist skeptisch. „Zentrale Verantwortung für die Arbeitsgesundheit klingt zunächst gut, kann aber auch mit Bevormundung einhergehen.“ Sprich: Vom Monitoring des Krankenstands führt ein direkter Pfad hin zum Einstellungs- oder Karrierekriterium „Teilnahme an betrieblicher Gesundheitsvorsorge“. Und nicht nur das: „Nicht unwahrscheinlich, dass mit einem Datenaustausch zwischen Arbeitgeber und Versicherung dann Versicherungen vorteilhafte Policen für Mitarbeiter anbieten, die sich besonders konform verhalten.“

Welche Rolle Räume auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Mitarbeiter haben, ist erst ansatzweise erforscht. Mabel Casey, Mark Konchar und Mark Richard Miller sammeln in ihrem Buch „Change Your Space, Change Your Culture“ Argumente dafür, dass sich das Büro auf die Unternehmenskultur und damit auf die Innovationskraft auswirkt. Den Autoren folgend sollte das Büro der Zukunft ein Ort der Begegnung sein, in dem Menschen und Ideen aufeinandertreffen. Dies geht am besten in großen, offenen Flächen, die Raum für gemeinsames Arbeiten und für informelle Gespräche bieten. „Dynamic Spaces“ sollen sich mit Schiebetüren, Raumtrennern und Tafeln jeweils der gewünschten Arbeitssituation anpassen.

Grafik aus der Vogelperspektive, zu sehen ist ein runder blauer Tisch, der als Schreibtisch genutzt wird, mit drei Personen, die da dran sitzen und Arbeiten.
Foto von einem Buch mit dem Titel: "Change your space, change your culture" von Rex Miller

Heute ist in deutschen Büros eher noch die „Zellenbüro-Konfiguration“ der Regelfall. Büros ohne Eigenschaften, die den Arbeitstag versauen. Konzentriertes Arbeiten ist hier zwar möglich, die für das Entstehen von Innovation nötige teamübergreifende Zusammenarbeit wird aber erschwert. Keltsch erwartet in der nahen Zukunft veränderte Bürowelten. „Hier ist mein Büro, hier sitzt Abteilung X, das wird selten werden.“ Die Gestaltung der Räume sei aber nicht der entscheidende Move.

»Ich glaube, dass gutes UX-Design über den Erfolg entscheidet. Eine zunehmende Zahl von Firmen stellt die User Experience in den Mittelpunkt. Davon profitieren Kunden und Mitarbeiter gleichermaßen.«

Keltsch nennt das Vertriebs-Softwareunternehmen Pipedrive als Positivbeispiel. „Einfach zu handhabende Produkte, ob digital oder industriell, fördern auch die Integration von älteren bzw. nicht digitalaffinen Mitarbeitern.“ Daran, dass der Beruf den wirklichen Fähigkeiten und Talenten des Bewerbers entspricht, wird sich auch in Zukunft nichts ändern. „Ich mache das, weil es erfüllend ist. Das ist der beste Satz, den man über seinen Job sagen kann“, glaubt Keltsch. Die Bedeutung der persönlichen Begegnung vor der Entscheidung für eine Stelle wird ohnehin bleiben – ob im Assessment-Center oder als Einzelgespräch.

Porträt von Jan-Niklas Keltsch

Jan-Niklas Keltsch

Co-Founder des „.AI Hub“ von Deloitte

Jan-Niklas Keltsch weiß Technologie unternehmerisch zu nutzen. Während seiner beruflichen Laufbahn gründete er Start-ups, managte Investitionen in Start-ups im Digital-Health-Sektor und beriet internationale Kunden im Bereich Technologie- und Innovationsmanagement. Außerdem erforschte er, wie es ein Unternehmen von einer innovativen Idee zum Markterfolg schafft. Keltsch, der am liebsten an der Schnittstelle von Technologie und Wirtschaft arbeitet, ist einer der Mitgründer des Deloitte .AI Hubs, der sich auf die Schaffung neuer Geschäftsfelder auf Basis von KI konzentriert.

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